Kapitalertragsteuer verstehen und optimal für sich nutzen

Als Anleger souverän handhaben und Zahllast senken

Grundsätzlich ist die Kapitalertragsteuer ein einfaches Thema, nichtsdestotrotz geraten einige Anleger gelegentlich in Probleme: Manchmal wird zu viel Kapitalertragsteuer abgeführt, weil beispielsweise der Freistellungsauftrag für die Kapitalertragsteuer zu spät bei der Bank eingereicht wird. Falls du dich über alle Details zur Kapitalertragsteuer informieren und als Anleger richtig vorgehen möchtest, bist du in diesem Blogbeitrag genau richtig.

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Grundlegendes zur Kapitalertragsteuer: Höhe, Abführung, Senkung

Die Kapitalertragsteuer wird auf Kapitalerträge erhoben und automatisch von deinem Finanzinstitut an das Finanzamt abgeführt. Das Finanzinstitut ist beispielsweise die Bank, auf deren Konto deine Kapitalerträge fließen.

Man bezeichnet Steuern, die automatisch von der Quelle abgeführt werden, als Quellensteuern. Die Tatsache, dass die Kapitalertragsteuer eine Quellensteuer ist, bereitet dir weniger administrativen Aufwand. So musst du beispielsweise die Kapitalerträge nicht in der Steuererklärung angeben.

In den meisten Fällen beträgt die Kapitalertragsteuer 25 % plus die absetzbare Kirchensteuer und evtl. den Solidaritätszuschlag. Zu beachten ist bei der Abführung, dass jeder Person ein Freibetrag zusteht und Verluste aus Kapitalgeschäften verrechnet werden können. Dies mindert die Steuern.

Um eine Senkung der Kapitalertragsteuer durchzuführen, ist die Einreichung eines Freistellungsauftrags notwendig: Du musst jedes Jahr oder unbefristet eine Freistellung bei deinem Finanzinstitut beantragen.

Zusammensetzung der Kapitalertragsteuer

Die Kapitalertragsteuer setzt sich aus bis zu drei Komponenten zusammen: Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

Wenn du weder den Solidaritätszuschlag zahlen musst noch eine Kirchenzugehörigkeit hast, dann ist für dich die Kapitalertragsteuer gleich der Abgeltungsteuer. Grundsätzlich jedoch besteht ein Unterschied zwischen den beiden Steuerarten.

  • Abgeltungsteuer: Seit dem 1. Januar 2009 beträgt die Abgeltungsteuer von Kapitalerträgen 25 %.
  • Solidaritätszuschlag: Vom 1. Januar 2021 an ist der „Soli“ für rund 90 % der Steuerzahler entfallen. Weitere 6,5 % der Steuerzahler zahlen einen geringeren Soli als zuvor.
  • Kirchensteuer: Die Kirchensteuer ergibt sich aus deinem individuellen Kirchensteuersatz, der u. a. von deiner Religionszugehörigkeit beeinflusst wird. Sie ist von der Abgeltungssteuer absetzbar. Mehr dazu weiter unten.
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Im günstigsten Fall liegt deine Kapitalertragsteuer also bei 25 %. In diesem Fall greift nur die Abgeltungsteuer als Komponente der Kapitalertragsteuer. In anderen Fällen werden zusätzlich zur Kapitalertragsteuer der Soli und die Kirchensteuer hinzugerechnet.

Genau hierin besteht der Unterschied zwischen Abgeltungsteuer und Kapitelertragsteuer: Die Abgeltungsteuer ist eine Komponente der Kapitalertragsteuer, jedoch grundsätzlich nicht mit dieser gleichzusetzen.

Kapitalertragsteuer-Freibetrag & mehr: Wann du Kapitalerträge nicht versteuern musst

Jeder Person steht ein Freibetrag auf Kapitalerträge zu. Bei Singles beträgt dieser 801 € jährlich und bei Ehepaaren 1.602 € pro Jahr. Falls auf Konten von Kindern Kapitalerträge generiert werden, kann ebenfalls ein separater Kapitalertragsteuer-Freibetrag von 801 € jährlich beantragt werden.

Die Betonung bei dieser gesetzlichen Regelung liegt auf „jeder Person“, nicht jedoch jedem Konto oder Depot: Solltest du mehrere Konten oder Depots haben, dann darfst du für alle zu deiner Person gehörigen Konten und Depots trotzdem nur einen Kapitalertragsteuer-Freibetrag beanspruchen.

  1. Frage bei deiner Bank nach einem Kapitalertragsteuer-Freistellungsauftrag. Normalerweise wird dir die Bank ein Formular bereitstellen und nach dessen Abgabe den Auftrag einrichten.
  2. Falls die Bank dir kein Formular bereitstellt, findest du im Internet diverse Vorlagen zum Kapitalertragsteuer-Freistellungsauftrag. Fülle die Vorlage aus und gebe diese bei der Bank ab.
  3. Beachte, dass du bei Depots bzw. Konten bei mehreren Banken insgesamt nur so viele bzw. so hohe Freistellungsaufträge einreichst, dass du insgesamt die jährliche Grenze von 801 € fürs Singles und 1.602 € für Ehepaare nicht überschreitest. Eine Listenführung hilft hierbei.

Über deine Steuererklärung die überschüssige Kapitalertragsteuer zurückholen

Wenn du bei der Bank keinen Auftrag zur Freistellung einreichst, führt die Bank automatisch Steuern auf deine Kapitalerträge ab. Du kannst dir einen Teil oder die komplette gezahlte Kapitalertragsteuer zurückholen, indem du in der Steuererklärung deine Kapitalerträge und abgeführten Steuern angibst.

In die Anlage KAP der Steuererklärung eingetragen, würde deutlich, dass du zu viele Steuern gezahlt hast. Der Überschuss würde entweder mindernd mit deiner Steuerschuld verrechnet oder mit anderen überschüssig gezahlten Steuern erstattet.

Unter Umständen möglich: Durch Verluste die gezahlte Kapitalertragsteuer zurückholen

Jetzt wird es kompliziert, weswegen wir darauf hinweisen möchten, dass du nähere Infos zur Verlustverrechnung und zum Verlustvortrag in unserem Blogbeitrag über die Abgeltungsteuer findest. Beide Begriffe finden hier, des Schwerpunkts des Blogbeitrags wegen, nur kurz Anklang.

Bei der Verlustverrechnung handelt es sich um eine Vorgehensweise, bei der die Verluste aus einer Einkunftsart mit den Gewinnen aus einer Einkunftsart verrechnet werden. Wichtig hierbei: Du musst Aktien mit Verlust verkauft haben, damit es als Verlust gilt. Kursverluste gelten hier nicht.

Sofern du Gewinne aus dem Aktiengeschäft verbuchst und diese den Kapitalertragsteuer-Freibetrag überschreiten, müsstest du Steuern zahlen. Falls du jedoch gleichzeitig Verlust beim Aktienverkauf gemacht hast (auch Bankspesen und sonstige Gebühren zählen), machst du diesen geltend.

Durch die Angabe von Verlusten senkst du deinen Kapitalertrag, wodurch du entweder weniger Steuern zahlst oder unter den Freibetrag fällst und dadurch keine Steuern zahlen musst. Es gelten die Regeln des horizontalen Verlustausgleichs.

Der horizontale Verlustausgleich schreibt vor, dass du nur Verluste aus Aktien mit Verlusten aus Aktien verrechnen darfst. Ebenso ist nur die Verlustverrechnung von anderen Einkunftsarten untereinander möglich. Verluste aus Aktien z. B. mit Gewinnen aus Anleihen zu verrechnen, ist unmöglich.

Nun zu dem Verlustvortrag: Dieser ist eine dankbare Option für dich, von der du dann Gebrauch machst, wenn du in einem Jahr durch die erzielten Verluste keine steuerlichen Vorteile erlangst. Du legst fest, erst im nächsten Jahr, wenn du steuerpflichtige Gewinne hast, den Verlust des Vorjahres vorzutragen.

Kapitalertragsteuer: Höhe berechnen – so funktioniert’s!

Zunächst einige wesentliche Erläuterungen zum Solidaritätszuschlag auf Kapitalerträge: Ob du diesen überhaupt zahlen musst, hängt von deinem gesamten Einkommen ab. Hierzu erfährst du mehr in einem Artikel von HAUFE über die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags 2021.

Du berechnest du Kapitalertragsteuer, indem du die Kirchensteuer von der Abgeltungssteuer absetzt. So entsteht bei 8 % bzw. 9 % Kirchensteuer eine Abgeltungssteuer in Höhe von 24,45 % bzw. 25,51 %. Ohne Kirchensteuer zahlst du eine Abgeltungssteuer von 25 %.

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Gegebenenfalls fällt der Solidaritätszuschlag von 5,5 % an, der sich an der Höhe des Zahlbetrages aus der Abgeltungssteuer bemisst. Ebenso bemisst sich die zu zahlende Kirchensteuer am Zahlbetrag aus der Abgeltungssteuer.

Letzten Endes addierst du Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer miteinander, sodass du den Zahlbetrag aus der Kapitalertragsteuer errechnet hast.

Alles zu kompliziert? Die folgenden Beispiele veranschaulichen es praktisch!

Beispiel #1: Höhe der Kapitalertragsteuer bei Kapitalerträgen von 1.800 € und Einzelveranlagung

Von der Kapitalertragsteuer ist der Freibetrag von 801 € zu subtrahieren. Dieser Freibetrag ergibt sich aus der Einzelveranlagung im Falle eines Singles. Es verbleiben 999 € zur Versteuerung. Außerdem ist die Kirchensteuer aufgrund des Wohnorts in Berlin mit 9 % anzusetzen.

Die Kirchensteuer mindert die Abgeltungssteuer von 25 % auf 24,45 %. Also ist der Betrag für die Abgeltungssteuer wie folgt:

AbgESt=999 €×0,2445≈244,23 €

Der Solidaritätszuschlag leitet sich aus diesem Betrag ab. Wir gehen davon aus, dass die jeweilige Person aufgrund eines entsprechend hohen Einkommens von 262.000 € im Jahr zur Zahlung des vollen Solidaritätszuschlags von 5,5 % verpflichtet ist.

Soli=244,23 €×0,055≈13,43 €

Abschließend die Kirchensteuer, die 9 % der Abgeltungsteuer beträgt.

KiSt=244,23 €×0,09≈21,98 €

Die Addition dieser drei Komponenten der Kapitalertragsteuer ergibt den Gesamtbetrag, der vom Finanzinstitut an das Finanzamt abgeführt wird.

KapESt=244,23 €+13,43 € + 21,98 €=279,64 €

Beispiel #2: Höhe der Kapitalertragsteuer bei Kapitalerträgen von 7.300 € und Zusammenveranlagung

Ein Ehepaar entscheidet sich für eine Zusammenveranlagung, wodurch der Freibetrag mit 1.602 € anzusetzen ist. Dies senkt die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer von 7.300 € auf 5.698 €.

Zudem zieht das Ehepaar Kosten durch Bearbeitungsgebühren in Höhe von 43 € ab. Ein Verlustvortrag von 653 € aus dem Vorjahr wirkt sich ebenfalls mindernd aus:

Kapitalerträge=5.698 €-43 €-653 €=5.002 €

Der nun feststehende Betrag von 5.002 € dient der Bemessung der Abgeltungsteuer. Der Solidaritätszuschlag liegt aufgrund des hohen Einkommens des Ehepaares erneut bei den vollen 5,5 %, die Kirchensteuer wegen des Wohnorts in Bayern 8 %. Durch diese Kirchensteuer reduziert sich die Abgeltungssteuer auf 24,51 %.

AbgESt=5.002 €×0,2451=1.225,99 €

Soli=1.225,99 €×0,055≈67,43 €

KiSt=1.225,99 €×0,08=98,08 €

Die drei einzelnen Komponenten gehören wie immer zusammenaddiert, woraus sich die abzuführende Kapitalertragsteuer ergibt.

KapESt=1.225,99 €+67,43 €+98,08 €=1.391,50 €

Beispiel #3: Höhe der Kapitalertragsteuer bei Kapitalerträgen von 2.150 € und Zusammenveranlagung

Das Ehepaar nutzt den Freibetrag in Höhe von 1.602 € aus, um die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer auf 548 € zu senken. Die Verluste durch Bankspesen und sonstige abzugsfähige Kosten betrugen 24 €, weswegen der Gewinn aus Kapitalgeschäften bei 524 € liegt.

Die Kirchensteuer in Baden-Württemberg läge grundsätzlich bei 8 %, doch aufgrund der Zugehörigkeit zur Diözese Mainz werden ausnahmsweise 9 % fällig. Dies senkt die Abgeltungssteuer auf 24,45 %.

AbgESt=524 €×0,2445=128,12 €

Der Solidaritätszuschlag entfällt komplett aufgrund eines zu versteuernden Einkommens von 29.300 € bei der Zusammenveranlagung. Also wird die Kirchensteuer im nächsten Schritt berechnet.

KiSt=128,12 €×0,09=11,53 €

Wegen des entfallenden Solidaritätszuschlags setzt sich in diesem Fall die Kapitalertragsteuer lediglich aus den beiden Komponenten Abgeltungssteuer und Kirchensteuer zusammen. Diese sind miteinander zu addieren.

KapESt=128,12 €+11,53 €=139,65 €

FAQ-Bereich zu Steuern auf Kapitalerträge

Auf was muss man Kapitalertragsteuer zahlen?

Die Kapitalertragsteuer fällt auf alle Einkünfte aus Kapitalanlagen an. Hierzu gehören Gewinne aus der Geldanlage in Aktien, Fonds, ETFs, Anleihen, Dividenden, Zertifikaten und anderen Geldanlagen mit Ausnahme von Kryptowährungen und Immobilien.

Immer dann, wenn du das Geld anlegst, für dich arbeiten lässt und Gewinne durch Auszahlungen auf dein Konto realisierst, musst du die Kapitalertragsteuer zahlen.

Sind Kursgewinne zu versteuern?

Es sind nur realisierte Kursgewinne zu versteuern: den Charts kann passieren, was will. Erst, sobald das Geld auf deinem Konto ist, musst du auf die Gewinne Steuern zahlen. Auch bei Verlusten besteht trotz eventuell zwischenzeitlicher nicht realisierter Kursgewinne keine Steuerpflicht.

Wenn beispielsweise der Kurs einer gehaltenen Aktie steigt, diese aber im Vergleich zum Ankaufspreis und nach Abzug der abzugsfähigen Kosten nicht gewinnbringend verkauft wird, sind die Kursgewinne nicht zu versteuern.

Bei alledem können Freibeträge und Verlustvorträge aus dem vorigen Jahr den Gewinn derart mindern, dass auch trotz realisierten Gewinns keine Steuerpflicht besteht.

Wie werden Gewinne aus Kryptowährungen besteuert?

Gewinne aus Kryptowährungen werden gemäß des eigenen individuellen Einkommenssteuersatzes besteuert. Bis zu 600 € gilt ein Freibetrag auf Veräußerungsgewinne. Werden Kryptowährungen mehr als ein Jahr in eigenem Besitz gehalten, fallen bei Veräußerungsgewinn überhaupt keine Steuern an.

Für Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen gilt nicht die Kapitalertragsteuer. Der Grund: Kryptowährungen gelten nicht als gesetzlich akzeptierte Zahlungsmittel und ebenso nicht als Kapitalanlage.

Kann ich die Kapitalertragsteuer absetzen?

Nein, das Absetzen der Kapitalertragsteuer ist nicht möglich. Allerdings gibt es die Möglichkeit, wenn die Abgeltungsteuer als Komponente der Kapitalertragsteuer höher als der eigene Einkommenssteuersatz ist, sich die Differenz ausbezahlen zu lassen. Über die Günstigerprüfung erfährst du mehr in dem Blogbeitrag über die Abgeltungssteuer.

Muss ich ausländische Kapitalerträge in der Steuererklärung angeben?

Ja, denn ausländische Geld- und Finanzinstitute führen im Gegensatz zu den inländischen die Kapitalertragsteuer nicht für dich ab. Gebe daher ausländische Kapitalerträge in der Steuererklärung immer an.

Ausländische Kapitalerträge nicht angegeben – was nun?

Bei einer Steuerpflicht aufgrund der Überschreitung des Freibetrags drohen Strafen aufgrund von Steuerhinterziehung, falls ausländische Kapitalerträge nicht angegeben werden. Der Weg der Selbstanzeige ist der beste Weg, um eine milde Strafe zu erhalten oder eine Bestrafung eventuell komplett zu umgehen.

Wird Kapitalertragsteuer mit Einkommenssteuer verrechnet?

Grundsätzlich wird die Kapitalertragsteuer mit der Einkommenssteuer nicht verrechnet. Eine Ausnahme entsteht dann, wenn die Kapitalertragsteuer höher als der persönliche Steuersatz ausfällt. In diesem Fall wird die Kapitalertragsteuer verrechnet und eine Reduktion erzielt.

Was sind steuerfreie Kapitalerträge?

Steuerfreie Kapitalerträge sind nur solche, die unterhalb des Freibetrags liegen, oder aus über ein Jahr gehaltenen Wertgegenständen und Kryptowährungen stammen. Wer das Kapital in ein Kunstwerk oder den Bitcoin anlegt und beides erst nach einem Jahr Haltedauer verkauft, erzielt steuerfreie Kapitalerträge.

Fazit

Die Kapitelertragsteuer kannst du durch Freistellungsaufträge senken. Diese solltest du sofort bei der Eröffnung des Depots bei deiner Bank oder deinem Depot-Anbieter einrichten. Nach der Einrichtung der Freistellungsaufträge gilt wie immer beim Steuern sparen: Absetzen, absetzen, absetzen! Verluste, laufende Kosten und Anschaffungskosten setzt du ab, wodurch du deine Steuerlast minderst.

Das Errechnen der Kapitalertragsteuer verläuft nach festen Prinzipien. Die Kirchensteuer wird immer von der Abgeltungssteuer abgesetzt, was die Höhe der Abgeltungssteuer mindert. Schließlich addierst du Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer zur Kapitalertragsteuer.